Das RKI ist die zentrale Einrichtung in Deutschland für den Infektionsschutz und seit 2016 WHO-Kooperationszentrum für neu auftretende Infektionen und biologische Gefahren. Zu seinen Tätigkeiten gehört ein breites Spektrum experimenteller und diagnostischer Methoden. Für den Umgang mit bestimmten Krankheitserregern und entsprechenden Patientenproben ist die höchste Sicherheitsstufe S4 für Laboratorien nötig. Das RKI ist bislang das einzige Bundesinstitut im humanmedizinischen Bereich mit einem S4-Labor.
In den letzten Jahren sind eine Reihe neuer Viren wie z.B. das SARS-Virus, das MERS-Coronavirus oder auch neue Typen von Grippeviren aufgetreten. Sie könnten nach Ansicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu einer weltweiten Bedrohung für die Gesundheit werden. Auch Viren der höchsten Risikogruppe 4 waren darunter, wie das Lujo-Virus 2009 oder das Hendra- und das Nipahvirus in den 1990er Jahren. Daher braucht man Laboratorien, die diese Erreger möglichst rasch und sicher identifizieren, charakterisieren und Verfahren für Diagnostik, Therapie und Impfstoffherstellung entwickeln. In den vergangenen Jahrzehnten ist nahezu jedes Jahr ein neuer Erreger entdeckt worden, der klinisch relevante Erkrankungen des Menschen hervorrufen kann.
Insbesondere für bereits bekannte und hoch ansteckende, aus dem Ausland importierte Krankheiten ist eine schnelle Diagnostik dringlich, um über Infektionsschutzmaßnahmen (z.B. Quarantäne) und lebensrettende Therapieschritte entscheiden zu können. Ein Teil der Diagnostik kann nur in einem S4-Labor erfolgen: für eine Bestätigung müssen Viren angezüchtet werden.
Auch in Deutschland sind solche Krankheiten in den vergangenen Jahren aufgetreten: unter anderem bestand 1999 bei einem Patienten in Berlin Verdacht auf Lassafieber (tatsächlich war er an Gelbfieber erkrankt), 2006 gab es einen Lassa-Fall in Frankfurt, 2016 je einen Lassa-Fall in Köln und Frankfurt sowie zwei Verdachtsfälle. Außerdem ist es möglich, dass im Rahmen von Epidemien, wie dem Ebolafieber-Ausbruch in Westafrika 2014/15, einzelne Fälle nach Deutschland importiert werden.
Auch in Europa kommt ein Erreger vor, der die Schutzstufe 4 erfordert: das hämorrhagische Fieber verursachende Krim-Kongo-Virus, das zum Beispiel in Griechenland nachgewiesen wurde. Klimaerwärmung, weiter steigende Reisetätigkeit, enge Kontakte mit Wildtieren und Globalisierung könnten die Risiken in Zukunft verstärken.
Das Robert Koch-Institut liegt in direkter Nachbarschaft zur Charité Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum, mit seiner Sonderisolierstation für Patienten mit schweren Infektionen und dem einzigen Lehrstuhl für Infektiologie in Deutschland. Außerdem gibt es enge Kooperationen des Instituts mit allen Berliner Universitäten und Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der Infektiologie. Dies sind wichtige Vorrausetzungen für Spitzenforschung im Dienste des Schutzes der Bevölkerung vor gefährlichen Infektionen. Sie dienen auch der Weiterentwicklung des Forschungsstandortes Berlin sowie der Sicherung und der Schaffung von Arbeitsplätzen.
Hinzu kommen internationale Überlegungen der Genehmigungsbehörden, Erreger in höhere Schutzstufen als bisher einzugruppieren. Dies betrifft insbesondere solche Erreger, deren weltweite Ausrottung angestrebt wird und in Reichweite ist - zum Beispiel Polio- oder Masern-Viren - bei denen ein besonders strenger Schutz gegen eine Wiederausbreitung vorgeschrieben ist. Für diese Erreger muss aber weiterhin Diagnostik vorgehalten werden, um Verdachtsfälle untersuchen zu können. Das Robert Koch-Institut ist Regionales Referenzlabor der Weltgesundheitsorganisation für Polio, Masern und Mumps.
Auch bei Verdacht auf einen bioterroristischen Anschlag, etwa mit hämorrhagischen Fieber- oder Pockenviren, ist eine schnelle und sichere Diagnostik unter Hochsicherheitsbedingungen unerlässlich. Das Robert Koch-Institut ist für Verdachtsfälle bei Einrichtungen der Bundesregierung oder bei ausländischen Botschaften und Konsulaten in Berlin zuständig. Bundesweit muss das Robert Koch-Institut sogenannte Bestätigungsuntersuchungen durchführen.
Stand: 16.07.2018